Besuch aus Israel – was hat das mit dem HLG zu tun?

Ganz einfach: Micha Cohn ist der Sohn der ehemaligen Schülerin unserer Schule, Annemarie Oettinger, die 1927 hier ihr Abitur ablegte. Sie war die Tochter des jüdischen Arztes Moritz Oettinger. 1935, nach ihrem Medizinstudium, wanderte Annemarie Oettinger nach Palästina aus, folgte ihrem Bruder, der diesen Schritt schon vollzogen hatte, da er in Deutschland bereits die Repressalien der Nazis zu spüren bekommen hatte.

Annemaries ältester Sohn Micha hatte vor Kurzem in ihrem Nachlass Fotos, Texte und Zeugnisse gefunden, die darüber Aufschluss geben, dass Annemarie Oettinger sehr gern Schülerin des HLG war und ihrer Familie immer begeistert von ihrer Schulzeit erzählt hat.

Micha Cohn und sein Sohn waren am vergangenen Donnerstag (26.4.) zu Besuch im HLG – zum einen, um die Schule der (Groß)Mutter anzusehen, z.B. durch die Tür zu gehen, die schon sie jeden Morgen in den 20er Jahren passierte oder die Treppengeländer anzufassen, die sie seinerzeit berührte, zum anderen, um den Schüler/innen von heute zu erzählen von dieser ehemaligen ‚Helenin’ und ihren Beweggründen, 1935 ihrer geliebten und vertrauten Heimat den Rücken zu kehren.

Die Schüler/innen einer achten und einer neunten Klasse hatten sich im Geschichtsunterricht auf diesen Besuch vorbereitet und Fragen zurechtgelegt, die sie den beiden Besuchern stellten.

Es waren hochinteressante zwei Stunden mit den beiden Nachkommen von Annemarie Oettinger, für die der Besuch in Deutschland, in Hamburg und im HLG sicher auch ein hochemotionales Erlebnis war. Und für uns alle, die wir die Ereignisse von 1933-1945 ja nur aus den Geschichtsbüchern kennen (oder im Idealfall aus Erzählungen von Eltern, Groß- oder Urgroßeltern) sind Zeitzeugenberichte – auch wenn sie uns mittlerweile in zweiter Generation überliefert werden – immer wieder „Geschichte zum Anfassen“. Und gerade in diesen Zeiten, in denen die Welt durch Flüchtlingsströme so sehr in Bewegung ist, stellen sich auch Fragen nach etwaigen Parallelen.

All dies bewegte die Schüler/innen, die im Anschluss begeistert waren von diesem Geschichtsexkurs und den Schilderungen über das Leben der damals jungen Frau, das ehemalige Palästina sowie über das heutige Israel…

Vielen Dank an Micha Cohn und seinen Sohn, die nach ihrem Deutschland-Aufenthalt inzwischen hoffentlich wieder wohlbehalten in ihrer Heimat angekommen sind!

Babette Radtke

Das Abiturzeugnis von Annemarie Oettinger aus dem Jahr 1927

Seite drucken
  • ‚Lehrstunde für Freiheit: DDR-Verfolgter geht an Schulen‘

    ‚Lehrstunde für Freiheit: DDR-Verfolgter geht an Schulen‘

    Die Deutsche Einheit jährt sich am 3. Oktober zum 30. Mal. Aus diesem Anlass wurde unser DDR-Zeitzeuge Uwe Kaspereit zusammen mit Paul Petersen und Sarah Klein aus unserer Oberstufe von…

    weiterlesen
  • DDR-Zeitzeugentag 2019

    DDR-Zeitzeugentag 2019

    „Eine fehlerhafte Demokratie ist besser als eine hundertprozentig funktionierende Diktatur“ Dieser Satz – gleichzeitig der Appell, Demokratie zu bewahren – stand am Ende des Gesprächs von Uwe Kaspereit, einem unserer…

    weiterlesen
  • Schülerbericht: DDR-Zeitzeugentag 2016 (Jahrgang 10)

    Schülerbericht: DDR-Zeitzeugentag 2016 (Jahrgang 10)

    Am Montag, den 20.6., hatten die 10. Klassen Besuch von DDR-Zeitzeugen. Die Schilderungen von Erlebnissen und persönlichen Erfahrungen gaben uns einen tieferen Einblick in das Leben „hinter der Mauer“ und…

    weiterlesen